Falschparker an Fußgängerüberweg

Falschparken: rücksichtsloses Verhalten und Verkehrsgefährdungen auf Geh- und Radwegen, in Kreuzungsbereichen und an Querungen durch parkende und haltende PKWs. © ADFC BW

Falschparken: Klare Anweisung für Kommunen in Baden-Württemberg

Der "Falschparkererlass" ist eine Handlungsanordnung des Verkehrsministeriums zur Überwachung und Sanktionierung von Ordnungswidrigkeiten beim Parken. Was hat es damit genau auf sich?

Zeitgleich mit der StVO-Novelle und den beschlossenen höheren Bußgeldern hat das Verkehrsministerium im Frühjahr 2020 „im Einvernehmen mit dem Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration“ einen Erlass zur Überwachung und Sanktionierung von Ordnungswidrigkeiten im ruhenden Verkehr (Falschperkererlass) veröffentlicht. 

Hintergrund und Zielsetzung

Mit dem sogenannten "Falschparkererlass" nehmen die Ministerien die Verkehrssicherheit in den Fokus. Betrachtet werden dabei insbesondere rücksichtsloses Verhalten und Verkehrsgefährdungen auf Geh- und Radwegen, in Kreuzungsbereichen und an Querungen durch parkende und haltende PKWs. Der Erlass stellt klar, dass Falschparken kein Kavaliersdelikt ist und dass zu Fuß Gehende wie Radfahrer*innen auf ihren Alltagswegen nicht gefährdet werden dürfen.
Mit dem Erlass weist das Ministerium die nachfolgenden Behörden zu folgenden Handlungen an:

  • Sanktionsmöglichkeiten gilt es konsequent anzuwenden.
  • Handlungsspielräume zur Ahndung von Falschparken gilt es voll auszuschöpfen.
  • Dies gilt auch in Fällen mit erhöhtem Begründungsaufwand.
  • Überwachungsschwerpunkte sind auf Brennpunkte (Querungen, Schulwege, Geh- und Radwege) zu fokussieren.

Die Kommunen sind maßgeblich verantwortlich

Zuständig für die Überwachung von Falschparkenden sind die Bußgeldbehörden sowie die Gemeinden als örtliche Straßenverkehrsbehörden und als Ortspolizeibehörden. Das bedeutet, dass sie selbstständige und eigenverantwortliche Ermittlungen ergreifen müssen. Eine Pflicht zum Tätigwerden der Behörden wird immer dann gesehen, „wenn durch ein konkretes Parkverhalten eine hohe Unfallgefahr hervorgerufen wird.“

Trotz des Opportunitätsprinzips (die Ordnungsbehörde kann, muss aber nicht eingreifen) gilt der Grundsatz, dass Falschparken im Regelfall zu verfolgen ist. Die Nicht-Ahndung eines Parkverstoßes einer zuständigen Behörde bedarf einer Begründung. Alle eventuellen pauschalen Toleranzvorgaben in einer Kommune (z.B. Motorräder auf Gehwegen zu tolerieren, Toleranz auf bestimmten Straßenabschnitten) sind rechtswidrig. Der Erlass stellt auch klar, dass private Anzeigen von den Bußgeldbehörden selbstverständlich und sorgfältig zu prüfen sind.

Handlungsmöglichkeiten der Kommunen

Der Bußgeldkatalog gibt einheitliche Regelungen vor. Folgende Bußgelder weist er für das Parken auf Geh- und Radwegen aus:

Ordnungswidrigkeit

Bußgeld

Punkte

auf einem Gehweg oder Radweg geparkt …

55 €

 

                … mit Behinderung

70 €

1

                ... mit Gefährdung

80 €

1

                ... mit Sachbeschädigung

100 €

1

                ... über 1 Stunde

70 €

1

                ... über 1 Stunde mit Behinderung

80 €

1

Erhöhte Bußgelder sind möglich und geboten

Hat ein Parkverstoß Einfluss auf den Straßenverkehr und/oder Menschen, ist eine Erhöhung des Bußgeldes vorgesehen. Wenn vorsätzlich gehandelt wird, verdoppeln sich die Regelsätze.

In der Regel gehen bei Parkverstößen mehrere Tatbestände einher, weswegen entsprechend strenger geahndet werden muss. Rad- und Gehwege sind häufig derart blockiert, dass die einzige Option für Radfahrende und Fußgänger*innen im Ausweichen besteht (55 €). Halten PKWs in zweiter Reihe, behindern sie unvermeidlich weitere Verkehrsteilnehmende. Das Bußgeld erhöht sich also von 55 € auf 70 €. Kommt es beim Ausweichen zu einem „Beinahe-Unfall“ („das ist gerade noch mal gut gegangen“), dann liegt der Tatbestand einer Gefährdung vor (80 €).

Außerdem dürfen bei besonders rücksichtslosen oder leichtfertig begangenen Parkverstößen oder bei Wiederholungstäter*innen die Regelsätze erhöht werden.

Fahrtenbuch und MPU

Bei Wiederholungstäter*innen oder wenn die verantwortliche Person am Steuer nicht ermittelt werden kann, ist die Verhängung einer Fahrtenbuchauflage bereits bei einer einmaligen Begehung rechtmäßig. Eine MPU ("Medizinisch-Psychologische Untersuchung") kann als milderes Mittel vor dem Entzug der Fahrerlaubnis angeordnet werden, wenn Falschparker die Regelungen offensichtlich nicht anerkennen oder missachten.

Liegt eine Behinderung vor, ist eine Abschleppmaßnahme geboten

Liegt durch Falschparken eine „Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung“ vor, dürfen falsch geparkte Fahrzeuge von Geh- und Radwegen abgeschleppt werden.

Der Erlass stellt klar, dass das Abschleppen von rechtswidrig abgestellten Fahrzeugen, die anderen Verkehrsteilnehmer*innen behindern, geboten und rechtmäßig ist. Dabei muss es nicht zwingend zu einer konkreten Behinderung gekommen sein. Auch die negative Vorbildwirkung darf bei der Entscheidung zum Abschleppen berücksichtigt werden.

Liegt eine Behinderung vor, ist eine Abschleppmaßnahme geboten. Sie liegt dann vor, wenn:

  • ein Radweg zugeparkt ist. Polizei und Ordnungsbehörde dürfen hier sofort abschleppen lassen. Das gilt auch, wenn das Fahrzeug nur teilweise auf dem Radweg geparkt ist.
  • die Mindestbreite für Gehwege von 1,50 Metern (einschließlich Sicherheitsraum) unterschritten wird (Ausnahmen sind erlaubt).
  • mobilitätseingeschränkte Personen und Personen mit Kinderwagen auf die Straße ausweichen müssen.
  • Sollte allerdings die fahrzeugführende Person mit zumutbaren Nachforschungen ausfindig gemacht werden können, ist dieses als milderes Mittel vorzuziehen.

Fazit

Der Falschparkererlass der baden-württembergischen Ministerien gibt den verantwortlichen Städten und Kommunen eine klare Handlungsanweisung, konsequent gegen Parkverstöße vorzugehen und dabei auch die im europäischen Vergleich niedrigen Bußgelder in begründeten Fällen (Behinderung, Gefährdung) im gesetzlich vorgegeben Rahmen dauerhaft zu erhöhen.

Der ADFC fordert die sofortige konsequente Umsetzung des Erlasses, die Beendigung eventueller Tolerenanzregelungen auf kommunaler Ebene, sowie ausreichend und geschultes Überwachungspersonal.

alle Themen anzeigen

Werde ADFC-Mitglied!

Unterstütze den ADFC und die Rad-Lobby, werde Mitglied und nutze exklusive Vorteile!

  • exklusive deutschlandweite Pannenhilfe
  • exklusives Mitgliedermagazin als E-Paper
  • Rechtsschutz und Haftpflichtversicherung
  • Beratung zu rechtlichen Fragen
  • Vorteile bei vielen Kooperationspartnern
  • und vieles mehr

Dein Mitgliedsbeitrag macht den ADFC stark!

 

Zum Beitrittsformular
https://baden-baden.adfc.de/artikel/falschparkererlass

Häufige Fragen von Alltagsfahrer*innen

  • Was macht der ADFC?

    Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e.V. (ADFC) ist mit bundesweit mehr als 190.000 Mitgliedern, die größte Interessenvertretung der Radfahrerinnen und Radfahrer in Deutschland und weltweit. Politisch engagiert sich der ADFC auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene für die konsequente Förderung des Radverkehrs. Er berät in allen Fragen rund ums Fahrrad: Recht, Technik, Tourismus.

    weiterlesen

  • Was bringt mir eine ADFC-Mitgliedschaft?

    Radfahren muss sicherer und komfortabler werden. Wir nehmen dafür – auch Dank Ihrer Mitgliedschaft – nicht nur Einfluß auf Bundestagsabgeordnete, sondern setzen uns auf Landes- und Kommunalebene für die Interessen von Radfahrern ein. Für Sie hat die ADFC Mitgliedskarte aber nicht nur den Vorteil, dass wir uns für einen sicheren und komfortablen Radverkehr einsetzen: Sie können egal, wo Sie mit Ihrem Fahrrad unterwegs sind, deutschlandweit auf die AFDC-Pannenhilfe zählen. Außerdem erhalten Sie mit unserem zweimonatlich erscheinenden ADFC-Magazin Information rund um alles, was Sie als Radfahrer politisch, technisch und im Alltag bewegt. Zählen können ADFC-Mitglieder außerdem auf besonders vorteilhafte Sonderkonditionen, die wir mit Mietrad- und Carsharing-Anbietern sowie Versicherern und Ökostrom-Anbietern ausgehandelt haben. Sie sind noch kein Mitglied?

    weiterlesen

  • Was muss ich beachten, um mein Fahrrad verkehrssicher zu machen?

    Wie ein Fahrrad verkehrstauglich auszustatten ist, legt die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) fest. Vorgesehen sind darin zwei voneinander unabhängige Bremsen, die einen sicheren Halt ermöglichen. Für Aufmerksamkeit sorgen Radler*innen mit einer helltönenden Klingel, während zwei rutschfeste und festverschraubte Pedale nicht nur für den richtigen Antrieb sorgen. Je zwei nach vorn und hinten wirkende, gelbe Rückstrahler an den Pedalen stellen nämlich darüber hinaus sicher, dass Sie auch bei eintretender Dämmerung gut gesehen werden können. Ein rotes Rücklicht erhöht zusätzlich die Sichtbarkeit nach hinten und ein weißer Frontscheinwerfer trägt dazu bei, dass Radfahrende die vor sich liegende Strecke gut erkennen. Reflektoren oder wahlweise Reflektorstreifen an den Speichen sind ebenfalls vorgeschrieben. Hinzu kommen ein weißer Reflektor vorne und ein roter Großrückstrahler hinten, die laut StVZO zwingend vorgeschrieben sind.

    weiterlesen

  • Worauf sollte ich als Radfahrer achten?

    Menschen, die Rad fahren oder zu Fuß gehen, gehören zu den ungeschützten Verkehrsteilnehmern. Sie haben keine Knautschzone – deshalb ist es umso wichtiger, sich umsichtig im Straßenverkehr zu verhalten. Dazu gehört es, selbstbewusst als Radfahrender im Straßenverkehr aufzutreten, aber gleichzeitig defensiv zu agieren, stets vorausschauend zu fahren und mit Fehlern von anderen Verkehrsteilnehmern zu rechnen.Passen Sie Ihre Fahrweise der entsprechenden Situation an und verhalten Sie sich vorhersehbar, in dem Sie beispielsweise Ihr Abbiegen durch Handzeichen ankündigen. Halten Sie Abstand von Lkw, Lieferwagen und Kommunalfahrzeugen. Aus bestimmten Winkeln können Fahrer nicht erkennen, ob sich seitlich neben dem Lkw Radfahrende befinden. Das kann bei Abbiegemanövern zu schrecklichen Unfällen führen. Beachten Sie immer die für alle Verkehrsteilnehmer gültigen Regeln – und seien Sie nicht als Geisterfahrer auf Straßen und Radwegen unterwegs.

    weiterlesen

  • Was ist der Unterschied zwischen Pedelecs und E-Bikes?

    Das Angebot an Elektrofahrrädern teilt sich in unterschiedliche Kategorien auf: Es gibt Pedelecs, schnelle Pedelecs und E-Bikes. Pedelecs sind Fahrräder, die durch einen Elektromotor bis 25 km/h unterstützt werden, wenn der Fahrer in die Pedale tritt. Bei Geschwindigkeiten über 25 km/h regelt der Motor runter. Das schnelle Pedelec unterstützt Fahrende beim Treten bis zu einer Geschwindigkeit von 45 km/h. Damit gilt das S-Pedelec als Kleinkraftrad und für die Benutzung sind ein Versicherungskennzeichen, eine Betriebserlaubnis und eine Fahrerlaubnis der Klasse AM sowie das Tragen eines Helms vorgeschrieben. Ein E-Bike hingegen ist ein Elektro-Mofa, das Radfahrende bis 25 km/h unterstützt, auch wenn diese nicht in die Pedale treten. Für E-Bikes gibt es keine Helmpflicht, aber Versicherungskennzeichen, Betriebserlaubnis und mindestens ein Mofa-Führerschein sind notwendig. E-Bikes spielen am Markt keine große Rolle. Dennoch wird der Begriff E-Bike oft benutzt, obwohl eigentlich Pedelecs gemeint sind – rein rechtlich gibt es große Unterschiede zwischen Pedelecs und E-Bikes.

    weiterlesen

  • Gibt es vom ADFC empfohlene Radtouren für meine Reiseplanung?

    Wir können die Frage eindeutig bejahen, wobei wir Ihnen die Auswahl dennoch nicht leicht machen: Der ADFC-Radurlaubsplaner „Deutschland per Rad entdecken“ stellt Ihnen mehr als 165 ausgewählte Radrouten in Deutschland vor. Zusätzlich vergibt der ADFC Sterne für Radrouten. Ähnlich wie bei Hotels sind bis zu fünf Sterne für eine ausgezeichnete Qualität möglich. Durch die Sterne erkennen Sie auf einen Blick mit welcher Güte Sie bei den ADFC-Qualitätsradrouten rechnen können.

    weiterlesen

Bleiben Sie in Kontakt