Eine Bühne für Rad-Erfolge der Region
Politiker werden oft kritisiert. Zu wenig, zu spät, zu lasch tönt es auch aus dem Lager der Radfahrenden. Zu Recht? Wie beurteilen Politiker in Mittelbaden die Situation?
Zahlreiche Redner hatten sich zur Veranstaltung des ADFC Baden-Baden am 3. Juni 2022 im Rantastic in Haueneberstein eingefunden. Sie referierten über bereits umgesetzte als auch noch in der Planung befindlichen Vorhaben. Gemeinsames Ziel: Radverkehr ein gutes Stück vorwärts bringen.
Unter der Moderation von Sonja Lehmann berichtete zum Auftakt Thomas Hentschel (MdL) über die Dringlichkeit des Ausbaus des Radnetzes und des Radschnellweges Karlsruhe - Rastatt. “Mehr Radverkehr steht im direkten Zusammenhang mit besserem Klima und gesünderer Infrastruktur”, so Hentschel.
Im Anschluss gab Landrat Dr. Christian Dusch Einblicke in das Radkonzept 2022, die Vernetzung des Radverkehrs. Er appellierte an Bund und Länder, mehr Geld für den Radverkehr bereit zu stellen.
Maximilian Ehebauer (Gemeinde Bietigheim) erläuterte den Lückenschluss des Radwegs zwischen Bietigheim und Muggensturm.
Die Landesvorsitzende des ADFC BW, Gudrun Zühlke, thematisierte die Auswertung des Fahrradklima-Tests. Mit den schwachen (Schul-)Noten zwischen 3,1 und 4,3 seien noch Verbesserungen in allen Gemeinden erforderlich.
Mehr Radverkehr steht im direkten Zusammenhang mit besserem Klima und gesünderer Infrastruktur.
Thomas Hentschel (MdL)
Die Stadt Rastatt wurde durch BM Raphael Knoth und Kevin Schlegel vom Fachbereich Tiefbau vertreten. Ihre Erläuterungen galten dem Pop-up-Radweg in der Bahnhofstraße Rastatt. Er erzielte eine hohe Öffentlichkeitswirkung, polarisierte aber auch. Es wurde zwar festgestellt, dass er den Verkehrsfluss der Automobile nicht behinderte, aber leider viel zu wenig Benutzung fand. Schlechte Zuwege mindern die Akzeptanz durch Radfahrende. Dennoch zeige das Experiment Potential für umweltfreundlichen Verkehr auf.
Aus Gaggenau war BM Michael Pfeiffer zu Gast. Er sucht neben baulichen Maßnahmen wie dem Kreuzungsumbau in der Konrad-Adenauer-Straße und den geplanten Fahrradstraßen in seiner Gemeinde immer wieder nach Möglichkeiten, den Menschen das Radfahren schmackhaft zu machen.
So gab es im Jahr 2021 die „Radsause“. Sie ermöglichte auf unterhaltsame Art Aktionen mit dem Fahrrad. Stichworte: Nähatelier oder Coffee-Bike. Auch der Rad-Star fand mit 25.000 erreichten Personen und 1.000 Gefällt-mir-Klicks großen Anklang. Hier bewerteten Teilnehmer über Facebook Bilder von Personen mit Rad.
Wir sollten alle daran arbeiten, dass das Fahrrad zum Lieblings-Verkehrsmittel wird.
Gudrun Zühlke (ADFC)
Bürgermeister Alexander Uhlig aus Baden-Baden fährt seit der Pandemie selbst “Mit dem Rad zur Arbeit”. In seinem Vortrag verwies er auf das Fehlen von wichtigen Fahrradparkplätzen an für Radler zentralen Plätzen. Geplant sei ein Fahrradparkhaus am Bahnhof. Als Vorbild hierfür könnte zweifelsohne die Stadt Utrecht in den Niederlanden mit stolzen 12.500 Radparkplätzen stehen.
Rolf Basse, der in Baden-Baden für die Entwicklungsplanung und Mobilität zuständig ist, zeigt in einigen Beispielen auf, wie Emotionen und die Entscheidung zum Rad fahren verbunden sind. Mit der Cargobike-Roadshow oder einer Radschnitzeljagd sowie mit dem allseits beliebten Stadtradeln konnten in Baden-Baden einige “Neubiker” gewonnen werden.
Stadt Bühl gewürdigt
Im Anschluss konnte sich die Stadt Bühl über eine Auszeichnung als “Fahrradfreundlicher Arbeitgeber” freuen. Fritz Ell (Stadtplanung) nahm die Urkunde in Silber entgegen. Die Stadt Bühl fördert durch zahlreiche Anreize die Motivation ihrer Mitarbeiter, das Rad zu nutzen.
Motivierend war auch der Bericht über den “Bühler Zwetschgenblitz”, ein E-Lastenfahrrad, das von Bühler Bürgern kostenlos gemietet werden kann.
Ein zu Herzen gehendes Projekt stellte Lutz Jäckel vor. “Radeln ohne Alter”, ist das Motto von 16 ausgebildeten Pilot/innen zweier E-Rikschas. Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen, die aufgrund ihres Alters, aus gesundheitlichen Gründen oder sonstiger Gegebenheiten nicht mehr selbst aufs Rad steigen können, wieder Wind in die Haare zu zaubern. Ihre Fahrten führen durch Stadt und Land, zeigen die herrliche Umgebung. Zudem sorgen schöne Gespräche für zwischenmenschliches Wohlbefinden.
Wege zu Fördermittel
Die unterschiedlichen Möglichkeiten der Finanzierung stellte Kai Zumkeller vom Regierungspräsidium Karlsruhe vor. Er referierte vor den rund fünfzig Gästen über die Förderung nachhaltiger Mobilität im Land mit Schwerpunkt Radverkehr (Download siehe blaue Medienbox).
Lebhafte Diskussion
Eine Gesprächsrunde mit Landrat und Bürgermeistern zeigte den guten Willen aber auch die Zwänge der Handelnden auf. Es gab einen regen Austausch der Erfahrungswerte mit Schwerpunkt Sicherheit und Akzeptanz der Radfahrer als vollwertige Verkehrsteilnehmer. Zustimmung erhielt der Schlusssatz von Gudrun Zühlke: “Wir sollten alle daran arbeiten, dass das Fahrrad zum Lieblings-Verkehrsmittel wird.”
Die zwei Stunden dauernde Veranstaltung wurde aufgezeichnet. Für Interessierte steht sie bereit (blaue Medienbox). Die Rednerliste entehmen Sie bitte dem Zeitplan.