Demonstration für sichere und feste Rheinübergänge
Die Rheinbrücke Wintersdorf und die Staustufe Iffezheim standen einst für einen kleinen Grenzverkehr. Aus Sicht der Radfahrenden ist das nicht mehr der Fall. Sie erheben Forderungen.
Für einen Tag wurde die sonst gesperrte Schleusenbrücke bei Iffezheim zum Symbol gelebter grenzüberschreitender Mobilität: Rund 80 Radfahrerinnen und Radfahrer folgten dem Aufruf des ADFC Baden-Baden·Bühl·Rastatt (Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club) und demonstrierten mit einer länderübergreifenden Aktion für sichere Rheinüberquerungen.
Der Vorsitzende des ADFC Baden-Baden begrüßte die Teilnehmer der Protestfahrt herzlich. Er übergab das Wort an Thomas Hentschel, MdL und stellvertretender Vorsitzender des ADFC Kreisverbands. Hier seine Rede:
"Während der Nachkriegsjahre war es möglich, einen kleinen Grenzverkehr mit dem Fahrrad ohne lange Wartezeiten abzuwickeln. Das Fahrrad und die Rheinübergänge standen insofern für Freiheit. Und sie standen für die Vielfalt des Verkehrs, denn hierüber wurde vom Rad bis zum Zug alles abgewickelt. Es ist traurig anzuschauen, dass sie heute längst nicht mehr den Glanz haben, den sie einst hatten, obwohl zwischen Frankreich und Deutschland heute kein Blatt mehr passt.
So nah, so gefährlich ist es aber derzeit noch, die Brücke in Wintersdorf mit dem Rad zu nutzen. Die Passage Staustufe ist gänzlich untersagt. Und das, obwohl kein anderes Verkehrsmittel mehr für Freiheit steht, als das Fahrrad! Das Fahrrad ist unabhängig, kann jederzeit eingesetzt werden und kommt überall hin. Es ist ein Wunderwerkzeug für die Mobilität. Und ausgerechnet dieses Wunderwerkzeug wird am mittleren Oberrhein seit Jahrzehnten zwischen Karlsruhe und Kehl ausgebremst. Während die Autos auf der Staustufe freie Fahrt haben und die Wintersdorfer Brücke gefahrlos nutzen können, steht uns Radfahrenden nur diese Brücke zur Verfügung. Das kann, 80 Jahre nach Ende des Krieges nicht sein! Wir brauchen eine sichere Radquerung über den Rhein in unserer Region!
Zustand der Brücke spricht für sich
Manche werden denken: Immerhin, diese Brücke steht Radfahrerinnen und Radfahrern zur Verfügung. Doch schon der Zustand spricht für sich. Vor allem aber ist die Nutzung für Radfahrende gefährlich! Zwar gibt es auf deutscher Seite ein Überholverbot. Eigentlich gut für die Radfahrer, denn sie müssen nicht damit rechnen, irgendwie abgedrängt zu werden. Nur werden Radfahrende in der Regel nicht wirklich ernst genommen. Statt die Geschwindigkeit an die Radfahrenden anzupassen wird überholt ohne Rücksicht auf Verluste, ohne Sicherheitsabstand, was das Zeug hält. Und das, obwohl die allermeisten Autofahrenden selbst auch Radfahrende sind oder zumindest Kinder haben, die selber mit dem Fahrrad fahren.
Eine Radbrücke hätte gerade jetzt einen hohen politischen Wert, gerade jetzt, wo es darauf ankommt, dass Europa zusammenhält.
Thomas Hentschel
Die Aktivistinnen und Aktivisten des ADFC haben in den vergangenen Monaten mit Abstandsmessungen gezeigt: es ist gefährlich, diese Brücke zu nutzen, denn an Sicherheitsabstände denken viele Autofahrende nicht. Das kann so nicht weitergehen! Wir haben dazu eine ganze Menge valider Daten über eine Vielzahl von Überholvorgängen gesammelt. (Näheres siehe Link in unserer blauen Medienbox.)
Insbesondere dann, wenn Radfahrer brav am rechten Rand der Straße fahren, müssen sie in rund zwei Drittel aller Überholvorgänge damit rechnen, dass ihnen Autos zu nahe kommen und sie möglicherweise sogar abdrängen.
Die erfreuliche Nachricht ist, dass das Landratsamt in Rastatt schon reagiert und nun das Überholverbot auf der Brücke auf deutscher Seite aufgehoben hat. Damit ist der Landrat und sein zuständiger Verkehrsdezernent den Forderungen des ADFC nachgekommen, die Situation hier zu entschärfen. Dafür ganz herzlichen Dank!
Was wir brauchen, ist eine Brücke des Zusammenhalts und der Freiheit für Radfahrer über den Rhein.
Thomas Hentschel
Es fehlt noch, dass die durchgezogene Linie unterbrochen markiert wird. Das wird in Kürze folgen. Hier hat sich der Einsatz des ADFC gelohnt, was uns zeigt, dass Gesellschaft immer auch ein politisches Engagement jenseits von Parteien braucht. Aber damit ist die Gefahr natürlich nicht gebannt. Entsprechende Piktogramme und Hinweisschilder, die auf deutscher Seite den Mindestabstand verdeutlichen, sollten noch angebracht werden.
Radfahrer nicht zur Seite drängen
Wir Radfahrer sollten den Mut haben, uns nicht auf die Seite drängen zu lassen, sondern auch zur Bordsteinkante einen ausreichenden Abstand zu halten. Das führt für die Autofahrer zu einer besonderen Vorsicht und mindert damit die Gefahr von Unfällen, übrigens auch von Unfällen mit dem Gegenverkehr. Deshalb ruf ich euch alle auf, gerade hier stets so zu fahren, wie es für die Sicherheit nötig ist. Aber wir dürfen nicht drum herum reden: auch das ist natürlich keine Lösung. Was wir brauchen, ist eine Brücke des Zusammenhalts und der Freiheit für Radfahrer über den Rhein.
Deshalb kann ich die Forderung des ADFC nur unterstützen, dass hier nicht noch weitere Jahre ins Land gehen, bis eine vernünftige Lösung gefunden wird. Und so kann ich euch alle nur ermuntern, durch eure Präsenz und eure Rückfragen den Druck auf die Politik zu erhöhen und mit Aktionen wie dieser deutlich zu machen, dass die Mobilität der Zukunft auch zwischen Deutschland und Frankreich und auch am Mittelrhein gestärkt werden muss! Und so eine Radbrücke hätte gerade jetzt einen hohen politischen Wert, gerade jetzt, wo es darauf ankommt, dass Europa zusammenhält und dass die Mobilität der Freiheit auch grenzüberschreitend möglich wird. Deshalb lasst uns nicht ruhen, gemeinsam dieses Projekt zu fordern, das die Region braucht: die Brücke der Freiheit!"
Soweit die mit Beifall aufgenommene Rede von Thomas Hentschel.
Hier einige Bilder der Kundgebung.
Für ein Video der Tour siehe blaue Medienbox.
Elsässische Unterstützung für deutsche Rad-Initiative
Auch Vertreterinnen und Vertreter aus dem benachbarten Elsass waren vor Ort und bekräftigten ihre Solidarität. Camille Scheydecker, Bürgermeister von Soufflenheim und Vorsitzender des Pamina-Rheinparks, sowie Michel Lorentz, Bürgermeister von Roeschwoog, Abgeordneter des Regionalparlaments und Mitglied der deutsch-französischen Lenkungsgruppe zur Verbesserung grenzüberschreitender Infrastruktur, signalisierten ihre Unterstützung für die Anliegen des ADFC.
Lorentz lobte die Hartnäckigkeit des ADFC im Kampf für eine sichere Verbindung im rund 60 Kilometer langen Korridor zwischen Karlsruhe und Rheinau. Er verwies auf bestehende grenzüberschreitende Projekte wie die von der Europäischen Gebietskörperschaft Elsass (CEA) betriebenen Rheinfähren in Plittersdorf und Greffern oder die Busverbindungen zwischen Rastatt, Seltz und Soufflenheim, bei denen Fahrradmitnahme möglich ist.
Demo-Fahrt über Staustufe und Rheinbrücke
Nach den Reden schwangen sich die rund 70 Demonstranten auf die Sättel und fuhren flankiert von deutscher und französischer Polizei auf der sonst gesperrten Staustufe nach Frankreich und über die risikoreiche Wintersdorfer Brücke nach Deutschland zurück.
Ein Piktogramm als Lebensretter
Die Demonstration machte erneut deutlich: Auf der Wintersdorfer Brücke bestehen Gefahren für Radfahrende. Seit 2021 weisen auf französischer Seite Hinweisschilder auf den Mindestüberholabstand hin – auf deutscher Seite fehlt es bislang an vergleichbaren Maßnahmen. Der ADFC fordert eine solche Beschilderung und deutlich sichtbare Fahrrad-Piktogramme in der Fahrbahnmitte. Diese sensibilisieren Autofahrende für die Einhaltung des Sicherheitsabstands und ermutigen Radfahrende, nicht zu weit rechts zu fahren.
Mit der grenzüberschreitenden Aktion sendet der ADFC ein unübersehbares Signal an die politischen Verantwortlichen auf beiden Seiten des Rheins: Sichere Infrastruktur für Radfahrende ist keine Vision – sie ist eine Notwendigkeit.
Projekt Verbesserung der Rheinquerung
Die Vorsitzende der Lenkungsgruppe des französischen Regionalparlaments, Stéphanie Kochert, war leider verhindert, doch sie schrieb dem ADFC:
"Ich kann Ihnen versichern, dass die Collectivité Européenne d'Alsace und das Regierungspräsidium Karlsruhe das Ziel verfolgen, mögliche Optionen zur Verbesserung der Rheinquerung im Korridor zwischen Beinheim-Wintersdorf und Roppenheim-Iffezheim für alle Verkehrsträger, einschließlich des Fahrrads, zu erarbeiten.
Mehrere themenspezifische Arbeitsgruppen arbeiten derzeit an diesem Projekt. Erste Schlussfolgerungen können in der ersten Hälfte des Jahres 2026 vorgelegt werden."